Mittwoch, 03.06.2020 02:25-03:10 Uhr
- Doku
Franz Liszt – Der Unvollendete
Film von Ute Gebhardt

Details

1811. Seit Monaten ist der Komet über Weimar zu sehen, jetzt im Herbst strahlt er am hellsten. Goethe – Anfang 60 – steht auf der Altenburg, bewundert »die herrliche Licht-Erscheinung, die unser Auge entzückt und unseren inneren Sinn ins Weltall hinaus-fordert.« Zur selben Stunde geht weit entfernt im österreichisch-ungarischen Raiding ein anderer Stern auf: Franz Liszt kommt zur Welt. Er hält den Kometen zeitlebens für ein gutes Zeichen. Er wird seinerzeit Europas berühmtester Künstler werden.
Doch bis heute ist Liszt nicht ganz zu fassen: Ein Mensch wie sein Jahrhundert – voller Ansprüche und Widersprüche. Ein Künstler wie die Tasten seines Instruments: Schwarz und weiß. Alles an ihm hat zwei Seiten: Er nennt sich halb Zigeuner, halb Franziskaner. Er ist weise und naiv, nobel und peinlich, laut und leise. Liszt ist Engel und Teufel, Verführer und Gejagter, Faust und Mephisto, und immer wird er entweder geliebt oder gehaßt.
In seiner ganzen Dimension ist Franz Liszt bis heute nicht entdeckt. Nur ein Bruchteil seines Werkes wird noch aufgeführt. Den Blick auf seine wahre Bedeutung verstellen viele Superlative – erster Superstar, erster Europäer, erstes Marketinggenie. Er wird trotz allen Ruhmes unterschätzt: Er war es, der in der Musik die Moderne einleitete, er schlug den Bogen von der Romantik zum Impressionismus und darüber hinaus. Und er wird überschätzt – blieb ihm doch die Konsequenz seines Schaffens oft versagt: Vieles in seinen Kompositionen blieb unverstanden, die erträumte neue Kunstperiode unvollkommen, das Festspielzentrum für ihn und Wagner ungebaut.
Filmautorin Dr. Ute Gebhardt fokussiert Liszts Lebensmitte in Weimar und breitet von dort die unvergleichliche Biografie des Künstlers aus. Scheitern und Triumph – nirgendwo erlebte Liszt beides so tief wie in Weimar. Mit Erzählern wie Nike Wagner, Liszt’s Ururenkelin, Wolfram Huschke und Detlef Altenburg von der Hochschule für Musik »Franz Liszt« Weimar, den Pianisten-Brüdern Eduard und Johannes Kutrowatz aus Liszt’s Geburtsort Raiding, mit den Biografen Serge Gut und Ernst Burger, und mit vielen archivalischen Schätzen entdeckt sie die kaum gesehenen, unbekannten Seiten des Künstlers, von dem Arnold Schönberg sagte: Wir alle sind seine Schüler.