Montag, 13.07.2020 01:30-03:50 Uhr
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Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny
Aix-en-Provence 2019

Details

Inszenierung: Ivo van Hove
Chor: Pygmalion
Philharmonica Orchestra, Esa-Pekka Salonen
Mit Karita Mattila (Leokadja Begbick), Sir Willard White (Dreieinigkeitsmoses), Annette Dasch (Jenny), Nikolai Schukoff (Jim Mahoney), Alan Oke (Fatty der »Prokurist«), Sean Panikkar (Jack / Tobby Higgins), Thomas Oliemans (Bill, genannt Sparbüchsenbill), Peixin Chen (Joe, genannt Alaskawolfjoe).

In Mahagonny ist alles erlaubt: Hier, mitten in der Wüste, haben drei Gauner ein künstliches Paradies gegründet, um Goldsuchern aus dem ganzen Land das Geld aus der Tasche zu ziehen. In seiner Oper »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny« übt Bertolt Brecht scharfe Kritik an der auf Verbrechen und Ausschweifung beruhenden kapitalistischen Welt. Die funkelnden Klänge des Jazz und der Kabarett-Songs stammen von Kurt Weill. Im Juli 2019 erstmals beim Festival von Aix-en-Provence aufgeführt, beweist es noch heute seine politische und soziale Tragweite. Ivo van Hove inszeniert das Stück in einem Filmset-Ambiente und mit Greenscreen-Technik und setzt dabei bewusst verdoppelnd auf das Illusorische, das der ganzen Stadt Mahagonny anhaftet. Esa-Pekka Salonen dirigiert, Annette Dasch gibt die Jenny und Nikolai Schukoff ist Jimmy.
»Mahagonny« beginnt mit der Flucht dreier Gauner, die inmitten der Wüste ein modernes Babylon gründen: eine »Netzestadt«, die für Geld paradiesische Genüsse verspricht. Hier sollen die Goldsucher des ganzen Landes ihr sauer verdientes Geld bei Vergnügungen, Spielen und in Bordellen lassen. Mit der »Dreigroschenoper« hatte das Künstler-Duo Kurt Weill und Bertolt Brecht 1928 einen Riesenerfolg erzielt. Dagegen war die Uraufführung von »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny« im Jahr 1930 von lautstarken Störmanövern überschattet, hinter denen Drahtzieher der erstarkenden NSDAP standen: Sie waren empört über Sujet, politische Botschaft und Ästhetik der Oper.
Ivo van Hoves Inszenierung spielt durch den Einsatz von Kameras, Videoprojektionen und Greenscreens auf die Welt der Hollywood-Blockbuster an. Die Sänger werden live gefilmt, ihre Silhouetten erscheinen in den auf die Bühne projizierten Filmen. Für den Regisseur bedeutet der Greenscreen ein illusorisches Trugbild, das gewissermaßen auch die ganze Stadt Mahagonny ist.
Was »Mahagonny« bis heute aktuell macht, ist Brechts Reflexion über die Rolle des Einzelnen in den modernen Städten. Auch die Probleme, die der unumschränkte Kapitalismus und der ungezügelte Konsum mit sich bringen, erinnern an unsere Gegenwart, ebenso wie das Spannungsverhältnis zwischen persönlicher Freiheit und gesellschaftlichem Leben.