Franco Zeffirellis »La Bohème«
Sternstunden der Musik
»La Bohème«, die Verfilmung von Puccinis gleichnamiger Oper, hält mehrere Rekorde: als erster im Studio gedrehter Opernfilm, als erster Musikfilm unter Leitung von Herbert von Karajan und als erste große Filmproduktion von Franco Zeffirelli. Der junge Regisseur setzte den bis heute geltenden Maßstab für luxuriös ausgestattete Opernfilme. Gianni Raimondi und Mirella Freni waren als unglücklich Liebende in den Hauptrollen zu sehen.
Die »Sternstunde« lässt die filmische Pioniertat mit kritischem Blick Revue passieren.
An vielen Opernhäusern weltweit gehören Produktionen von Franco Zeffirelli bis heute zum Repertoire. Seine Inszenierung der »Bohème«, die 1963 auf die Bühne kam und 1965 auf Film aufgezeichnet wurde, ist zu einem solchen Klassiker geworden, dass die Wiener Staatsoper im Januar 2022 ihre 444. Aufführung gab. Für den schon früh sich zu seiner Homosexualität bekennenden Zeffirelli war der Erfolg dieser Inszenierung ungeheuer wichtig, bedeutete sie doch endlich auch in seinem Heimatland Italien Anerkennung, die er in London und New York schon längst hatte.
Hört man seinen Namen, denkt man an Opern- und Filmkulissen von fast betäubender Opulenz. Ihre spektakulären Sets und erzählerische Lesbarkeit machen sie zeitlos und sprechen immer noch sowohl Musik- wie auch Filmliebhaber an. Zeffirellis Inszenierung dieser musikalischen wie filmischen Sternstunde fängt die zarte und melancholische Intimität der unglücklichen Liebesgeschichte im Pariser Künstlerleben des Fin de Siècle kongenial ein.
Die Dokumentation zeigt Ausschnitte der Filminszenierung und macht in kurzen dokumentarischen Passagen die Geschehnisse dahinter fühlbar. Dabei stehen die emotionale und künstlerische Bedeutung des Moments im Mittelpunkt. Zu den Interviewpartnern gehören viele Stars heutiger Aufführungen der Inszenierung Zeffirellis, der 2023 einhundert Jahre alt geworden wäre. Die in jüngerer Vergangenheit gegen den Regisseur laut gewordenen Missbrauchsvorwürfe werden eingeordnet.
Ein Film von Anaïs Spiro