Joseph Haydns Oratorium »Die Schöpfung«

Foto: © Arte/Camera LucidaArte, 04.06.2018, 00:05-01:50. Insula Orchestra, Laurence Equilbey, Stéphanie Paulet (Geige). Aufzeichnung aus dem Konzertsaal von La Seine Musicale vom Mai 2017.  Musik, Theater, Akrobatik und Technik in einer gewagten Verbindung: Mit Haydns Oratorium »Die Schöpfung« in der Inszenierung von La Fura dels Baus eröffnete die französische Dirigentin und Harnoncourt-Schülerin Laurence Equilbey den neuen Aufführungssaal des Pariser Westens: La Seine Musicale. Das ein Schiff mit Segel symbolisierende Schmuckstück der Architekten Shigeru Ban und Jean de Gastines will die Philharmonie de Paris ergänzen. Und kein anderes Werk hätte sich besser für die Einweihung dieser neuen Kulturstätte geeignet als Haydns »Schöpfung«. Dem großen Anlass gemäß wurde auch gleich in großem Maßstab gedacht: Fast 100 Künstler treten in dieser stark mit technischen Mitteln arbeitenden Inszenierung auf, in der »Die Schöpfung« durch das wissenschaftliche Prisma der DNA gesehen wird.
Auf der Pariser Seine-Insel Ile Seguin am Standort der ehemaligen Renault-Werke wurde im Juni 2017 ein neuer Konzertsaal eröffnet: La Seine Musicale. Für die Einweihung der neuen Kulturstätte hätte sich kein anderes Werk besser geeignet als Haydns »Schöpfung«. Die grandiose Neuinterpretation von Haydns bildmächtigem Oratorium durch das katalanische Kollektiv La Fura dels Baus ging im Laufe des Jahres 2017 europaweit auf Tournee und wird 2018 in Nord- und Südamerika sowie in Asien gastieren. Mit Hilfe digitaler Technologien sowie der fantastischen lumineszierenden Kostüme lässt Regisseur Carlus Padrissa auf der Bühne eine Bilderwelt entstehen, die den religiösen Charakter der »Schöpfung« beiseitelässt. Stattdessen stützt sich diese spektakuläre Inszenierung auf die tatsächlichen Elemente der Lebensentstehung: die ständigen Bewegungen des Universums, des Wassers und der DNA. Dazu taucht ein 31.000 Lumen starker Laserprojektor die Bühne samt Sängern und 36 Heliumballons in helles Licht. Im Zentrum befindet sich ein neun Meter hoher Kran, der die Solisten wie ein »deus ex machina« in die Höhe zieht sowie ein tausend Liter fassendes Aquarium, das als riesiges Reagenzglas die Erschaffung des Lebens darstellt. Dennoch bleibt das von La Fura dels Baus dargestellte Ur-Chaos bei der Entstehung der Welt immer im Dienste der Partitur. »Die Schöpfung« – uraufgeführt 1798 in Wien – erzählt mit musikalischen Mitteln die sieben Tage der Genesis, wie sie in der Bibel beschrieben werden. Dieses großartige, allgemeingültige Werk – es wurde ursprünglich in mehreren Sprachen gesungen – passt wunderbar zu den bisherigen großformatigen Projekten der katalanischen Theatertruppe. Es war die erste Aufführung in der Seine Musicale – und doch stellen die Meisterleistungen der exzellenten Besetzung bereits jetzt einen Meilenstein dar.
Die Inszenierung wurde im Mai 2017 im Konzertsaal von La Seine Musicale für ARTE aufgezeichnet.